Wie es kam, daß ich meinen Beruf als Buchhalterin aufgab....


Wie kam es dazu, daß ich meinen Beruf als Buchhalterin aufgab und umsattelte?

Kurz vor meinem 13. Geburtstag wurde ich beinahe Opfer einer Vergewaltigung. Meine Eltern waren streng und ich hatte selten Ausgang, wenn, dann mußte ich um 21.00 spätestens zuhause sein. Meine Mutter war sehr ängstlich und befürchtete immer, mir könne etwas zustossen. Sie erzählte mir immer von einem Kinderschänder Jürgen Bartsch, einem Pädophilen, der in den 50iger Jahren Kinder schändete und auch umbrachte. Was mir dann passierte, konnte ich ihr in gar keinem Fall erzählen, sonst hätte ich gar keinen Ausgang mehr bekommen bis zur Volljährigkeit mit 18.

Als wir einmal nachmittags zu dritt, Lydia, Antje und ich, auf der Kasseler Frühjahrsmesse waren, um Karussel zu fahren und Fischbrötchen zu essen, grapschte mich ein Mann, der dicht hinter mir stand, mitten in der Menschenmenge massivst an. Ich wollte mir lediglich ein Eis kaufen, als er mich "überfiel". So dreist muß man erst mal sein, einem "Kind" mitten in der Menge unter den Rock zu fassen, vor allem in einer Menschenmenge, wo es ja eigentlich auffallen müßte. Ich habe mich umgedreht, dieser Mensch war, wie ich meine, so um die 40 und hatte Augen wie ein Monster. Ich habe wild um mich getreten und konnte mich dann irgendwann befreien. Außer daß er mich unter dem Rock an der Unterhose befummelte, ist Gott sei Dank nichts passiert, da meine massive Abwehr Erfolg hatte und ich habe ihn wohl auch verletzt. Aber es ist wohl klar, daß auch das schon nicht mehr sexuelle Nötigung, sondern meines Erachtens ein Vergewaltigungsversuch war, und das bei einem Kind, denn ich sah mit knapp 13 noch sehr kindlich aus. Ich floh mit meinen beiden Freundinnen quer über die Messe auf Schleichwegen zur Strassenbahnhaltestelle. Mein Herz klopfte wie wild, und zuhause konnte ich mich keinem anvertrauen, denn dann wäre jeglicher Ausgang mir verboten worden und ich hätte mir eher ein Eigentor geschossen. Aber den Vorfall hätte man eigentlich melden müssen, da es eindeutig eine Straftat war. Ich habe es versucht, zu verdrängen und es gelang mir tatsächlich für lange, es aus meinem Gedächtnis zu streichen, und die Erinnerung kam wieder, als ich das erste Mal mit 34  in der Psychosomatischen Fachklinik war. Während einer Einzelsitzung fiel es mir urplötzlich wieder ein. Der Psychologe meinte, es könne auch teilweise der Grund sein für die Schwindelanfälle, Sehstörungen und Todesangst, die mich so "lähmten", daß ich letzendlich die Straße nicht mehr betrat, und meine Wohnung nicht verlies.

Es  begann, als ich nach langer Arbeitslosigkeit eine Arbeitsstelle bei einer Behörde bekam, die sehr anspruchsvoll war und gut bezahlt. Ich war nicht nur Buchhalterin, sondern auch Einkäuferin für Papier und Büromaterial, mußte die Kasse verwalten. Die Arbeit war in den acht Stunden nicht zu bewältigen und so hatte ich ständig Überstunden. Hinzu kamen die anderen privaten Probleme, mit meinem Vater, mit dem Druck, schwanger zu werden und den ständigen Anfeindungen meiner Schwiegermutter, weil ich nicht gut genug wäre für ihren Sohn, da ich acht Jahre jünger, freizügig, viel zu dick und und und bin.... Zudem mußte ich immer sehr gut gekleidet diesen Job verrichten, und da ich nicht gern Dame bin, fand ich auch das zudem noch anstrengend. Ich habe ständig Diät gehalten, um schlank zu bleiben, und viel geraucht. Zudem waren die Vorgesetzten , wie bei den anderen Stellen auch, äußerst frauenfeindlich, was Mobbing mit sich brachte, mir wurden Fehler unterstellt, die ich nicht begangen hatte und sowohl ich wie auch die anderen Frauen wurden nicht leistungsgerecht bezahlt. Ähnlich war es mir  bei meinem Vater im Betrieb und auch in dem Modegeschäft ergangen. Irgendwann bin ich im Büro zusammengeklappt mit viel zu hohem Blutdruck, wie der Arzt später feststellte. Und diese besagten Sehstörungen. Ich konnte nachts nicht schlafen, hatte Albträume und Atemnot. Ich  war von da an ständig krank, konnte dem Job nicht mehr gerecht werden. Dadurch wurde mir nach anderthalb Jahren Betriebszugehörigkeit gekündigt. Ich hatte bis dahin so viele Überstunden, daß ich zwei Monate freinehmen konnte. Da sie mir diese nicht zahlen wollten und ich auch eine Abfindung wollte, habe ich mir einen Anwalt genommen.

Während der Zeit, als ich dort arbeitete,  haben  wir auch geheiratet. Der Polterabend war ok, aber die  Hochzeitsfeier für mich enttäuschend, da mein Vater nach dem Essen im Lokal einfach bestimmte, daß wir noch gemeinsam Fussball schauen. Es war gerade Weltmeisterschaft. Ich war total unglücklich und fuhr sofort nach Hause. Das trug auch dazu bei, daß es mir nicht gut ging.

Die Beschwerden wurden immer schlimmer und ich habe mich freiwillig für die Einweisung in eine Psychosomatische Fachklinik entschieden. Zunächst waren sechs Wochen von der Krankenkasse bewilligt, dies wurde auf zwölf Wochen ausgeweitet. Nach zehn Wochen  habe ich diesen Aufenthalt aber abgebrochen, da ich nach Hause wollte zu Dirk und aufs Konzert von Marla Glen.

Als es mir wieder besser ging und ich keine andere Arbeit fand, aber Geld verdienen wollte und mußte, weil  es auch kein Arbeitslosengeld mehr gab, machte ich leider den selben Fehler und arbeitete in der Firma meines Vaters als Buchhalterin und Immobilienverwalterin. In der Zeit hat uns mein Vater auch eine seiner Wohnungen vermietet. Unter der Wohnung war eine Gaststätte und sehr laut, die Nachbarn beschwerten sich und es wurde eine Lärmmessung anberaumt, mit der ich aber nicht einverstanden war. Und als ich mich deswegen und wegen anderer Dinge mit meinem Vater stritt, bewarf mich dieser mit Aktenordnern und beschimpfte mich so, daß ich die Firma verließ und kündigte. Das Arbeitsamt gab mir nur einen Monat Sperre, da mein Vater dort schon für derlei Machenschaften mit anderen Mitarbeitern bekannt war. Dies war aber die Ursache für einen erneuten Rückfall und ich kam wieder für acht Wochen in die selbe Psychosomatische Fachklinik. Von da an war ich ambulant ungefähr zwei Jahre weiter in Gruppentherapie bei einem Psychiater. Und fest entschlossen, mein Leben zu ändern. Ein langer Weg.....

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