Steven Wilson - 12 THINGS I FORGOT (The Future Bites Sessions)




Ich habe vergessen, was ich war
Es gab eine Zeit in der ich noch Ambitionen hatte
Jetzt scheine ich nur noch Hemmungen zu haben
Vergiss, was ich gesagt habe...

Ich habe viel falsch gemacht, aber ich erinnere mich einfach nicht...
Weil ich vergaß, was ich Dir getan habe, so als wäre es nicht geschehen...
...auch was ich Dir gesagt habe.

Ich habe etwas verloren...
Ich habe vergessen, was es war, das ich nicht bin
Der Protest daß ich keine Verpflichtungen eingehen kann
macht keinen Unterschied

ich habe all meine Pläne umgesetzt
und nun sitze ich in der Ecke und beschwere mich
daß es nicht mehr so ist wie in den 80igern

An alle Menschen, die mich lieben- 
Ich weiß was es für euch bedeutete
vergesst, was ich getan habe



12 Things I FORGOT

I forgot what it was that I was
There was a time when I had some ambition
Now I just seem to habe inhibitions

Forget what I said
about acting on all the plans that I made
Now I just sit in the corner complaining
Making out things were best in the 80s

´Cause I forgot
there s so many things that I pretend to you I m not
something I lost
And I know what it meant to you

what I said to you
Is crossing the line and you ´ll never begin to forget

I forgot what it was that I ´m not
you can protest that I can´t make commitments
But it don´t seem to make any difference

Forget what I´ve done
To all the people that gave me their love
Well I have no problem sleeping at night
I ´ve done  wrong but I don ´t remember

Cause I forgot...


In den 1980 iger Jahren war das Leben für Musiker einfacher. Rockbands wie, Queen, Genesis, Pink Floyd, Alan Parsons Project oder Yes war es möglich mit ihrer Musik, auch wenn sie nicht im Radio gespielt wurde, "reich"  zu werden oder zumindest ein gutes Einkommen zu haben, selbst wenn sie sich nicht den Gesetzen des mainstreams unterwarfen.  🎸🎷🎹🎺🎻🎶🎵🎼🎧

Schon vor Corona-Zeiten haben es seit der Jahrtausendwende Rock- oder Indiebands  oder auch Deutsche singer/Songwriter schwer,  genug Fans zu finden geschweige denn angemessen zu verdienen, und mit Eintritt der Corona-Pandemie ist es quasi unmöglich geworden. Keine Konzerte. Es können keine Alben aufgenommen werden, das ist nicht nur aus finanziellen Gründen unmöglich, sondern auch, weil so viele Menschen nicht gemeinsam in ein Tonstudio dürfen.

Ich ziehe den Hut vor Finn MacCormac aus Kassel, dem als frisch gebackener Naturwissenschaftler seine Musik nicht nur durch sein Talent so wichtig ist, daß er seit kurzem Popular - Musik studiert. Vor ein paar Tagen haben wir telefoniert und er ist froh, diesen Schritt gemacht zu haben, auch wenn seine Zukunft in beruflicher Hinsicht sehr ungewiss ist.💜💙😎😃😊

Genauso geht es vielen auch schon sehr bekannten, genialen Künstlern wie STEVEN WILSON. Der 53-jährige Prog-Rockmusiker hat nicht nur durch viele eigene Projekte, sondern auch mit anderen Rockbands, deren Alben er vor kurzem remastert hat, Erfolg. Selbst Steven hat Zukunftsangst, wobei er sicher noch einer der wenigen ist, der wohl nicht verhungern wird. Aber ein Vollblut-Musiker leidet, egal ob er arm ist oder reich, unter derartigen Zuständen, und auch Musiker, die hierbei so viele Ressourcen haben, daß sie sich immer noch ernähren können, bekommen nicht selten dadurch Depressionen oder einen Burnout.😓😢😟

So entstand sicher auch Stevens Projekt "The future bites".  Das Album hatte ich im Mai letzten Jahres bestellt und am Freitag wird es endlich geliefert. Die songs sind so ganz anders als gewohnt, irgendwie  coole Ohrwürmer,  deren Melodie man nicht los wird. Allerdings ist man derartige Musik von Steven bisher nicht gewohnt und sicher hätte er uns auch vor ein paar Jahren "den Vogel gezeigt", wenn wir ihm prophezeit hätten, daß er mal derartige Musik macht. Die Texte sind anspruchsvoll und Menschen, die den Text des obigen songs  "12 songs I forgot" übersetzen, werden den Inhalt unterschiedlich bewerten und interpretieren. Das allein schon macht das Projekt für mich so wertvoll. Es regt zum nachdenken und philosophieren an.

Als der song auf Youtube released wurde, haben sich eingefleischte Progrock-Fans über Steven Wilson mokiert und beklagt, was das denn wäre und gar nicht Steven Wilson. Vielleicht hätten sie erst einmal den Text genauer durchlesen und übersetzen sollen, ehe sie meckern. Ich finde es im Hinblick der Misere , in der die Künstler gerade stecken und auch insbesondere jetzt in der Pandemie eine geniale Idee.

Das Album "The Future bites" wird als Erkundungsreise in den menschlichen Verstand von ultramodernen Konsumenten der Gegenwart angepriesen. Es beschreibt die Süchte und Sehnsüchte des 21. Jahrhunderts. Dabei geht es u.a. auch um Themen wie Kaufsucht. Die Musik auf dem Album finde ich großartig.sphärische Musikklänge wechseln sich ab mit Akustik-Klängen, oder auch düsterem Funk.

Ich interpretiere den Text  von "12 things I forgot" widersprüchlich. Ein Mann gibt an, das, was früher angeblich falsch lief, zu bereuen, entschuldigt sich aber nicht wirklich, und meint, die Menschen, die er liebt und die darunter litten, sollen es vergessen und einen Strich darunter ziehen. Er tut so als habe er es selbst vergessen und gibt an, nachts gut schlafen zu können, so als habe er gar kein schlechtes Gewissen. Meint, daß es ihm zugestanden habe, seine Pläne umzusetzen, auch wenn das anderen gegenüber rücksichtslos war. Sein Verhalten ist grenzwertig. Er überschreitet Grenzen. Meint daß es ihn nicht "juckt". Aber irgendwie scheint er doch hin- und hergerissen zu sein. Jedenfalls macht er sich Gedanken, aber für ihn scheint es normal zu sein, so was einfach zu vergessen frei nach dem Motto "was nicht sein darf, kann nicht sein". Und denkt dabei nicht daran, daß man etwas, was passiert ist, nicht ungeschehen machen kann. Lediglich eine Entschuldigung oder Reue würde es abmildern und vielleicht würden die Wunden dann nach und nach bei den anderen heilen und sie würden ihm vergeben, aber es nicht vergessen.

Das macht mich sehr nachdenklich und erinnert mich wieder einmal sehr an meinen Vater. Er hat sich darüber aber weder Gedanken gemacht noch gesagt, dass man es vergessen sollte, geschweige denn sich entschuldigt. In den 1980 iger Jahren lief seine Getränkefirma so gut, daß er durch diesen Erfolg regelrecht größenwahnsinnig wurde und  dies jeden spüren ließ. Seine Rücksichtslosigkeit war mit Worten nicht zu beschreiben und er hat sich über die anderen Menschen gestellt. Dabei nicht realisiert, wie sehr er die anderen damit verletzt, denn das hätte sein Vorhaben und seine Pläne ins Wanken gebracht. Letztendlich hat er aber durch sein Verhalten nicht nur die anderen gekränkt und weggestoßen, sondern auch sich selbst zerstört, nicht nur finanziell. Zum Schluss ist er ganz allein im Heim gestorben.

Freddy Mercurys Größenwahn hätte ähnlich enden können, wenn er nicht gerade noch rechtzeitig die Kurve bekommen hätte und sich bei seinen Band-Mitgliedern entschuldigt. Er war einsichtig und nicht zuletzt ist er durch seine Aids-Erkrankung ein anderer Mensch geworden.

Inwieweit Steven Wilson hierbei über sich selbst singt, entzieht sich meiner Kenntnis, dafür kenne ich sein Privatleben zu wenig und die Fans geht es auch nichts an. -Vielleicht ist es ihm aber am Anfang seiner Karriere in den 80igern ähnlich ergangen und er hat es  einerseits bereut, andererseits hätte er sonst mit seinen Projekten vielleicht nicht so einen derartigen Erfolg gehabt.

Manchmal bleibt einem Menschen also gar keine andere Wahl, als sich so zu verhalten. Er ist durch den Beruf und die Arbeit bedingt in einer Art "Mühle",  aus der man nicht mehr herauskommt.

Über dieses Thema  könnte ich stundenlang referieren und sicher fällt mir zu gegebener Zeit auch noch etwas dazu ein.

Ich bin gespannt auf das Album. Am Freitag werde ich mich nach der Untersuchung und dem Gespräch im Klinikum mit dieser LP ablenken und erholen.

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