Mein Mamma-Karzinom..... hatte eine aussergewöhnliche Form


 

Entwarnung... Das MRT im Dezember  ergab, daß momentan keine weiteren Krebszellen vorhanden sind. Hurra.....

Durch regelmäßige vierteljährliche Kontrolle bei der Gynäkologin mit Blutabnahme, Ultraschall und Untersuchung sowie mit einem  jährlichen MRT  können wir den "Feind" in den Griff bekommen, bzw. wenn sich wirklich wieder in dem kurzen Zeitraum ein Karzinom , z.B. in der anderen Brust, entwickelt, ist es wahrscheinlich sehr klein und ich bekäme dann entweder  Bestrahlungen oder  es würde eine kleine OP durchgeführt. Damit  sich nicht Krebszellen in den anderen Organen wie Lunge, Leber oder -Bauchspeicheldrüse bilden, muss ich nun noch drei weitere Jahre die Antihormone einnehmen. Die Nebenwirkung Knochenschmerzen muss ich in Kauf nehmen. Trotzdem mich mein Schmerztherapeut Dr.  Gehling gut medikamentös eingestellt hat, habe ich immer noch Schmerzen. Die  Polyneuropathie in den Füssen  wird scheinbar durch die Antihormone  auch noch verschlimmert, manchmal brennt es wie Feuer. Da muss ich wohl durch. Was ist besser, Pest oder Cholera?

Als ich das Karzinom Ende 2020  beim Duschen zufällig ertastete, fühlte es sich an wie eine Verspannung, Zunächst dachte ich, es wäre etwas harmloses,  aber ich war mir nicht sicher. Zurecht, wie sich später herausstellte...

Ich wandte mich "zur Vorsicht" an meine Gynäkologin Dr. Szasz, bekam auch sofort einen Termin für Anfang Januar. Wenn so ein Verdacht besteht, wird die Patientin vorrangig behandelt, selbst wenn der Terminkalender schon für die nächsten Wochen voll ist.

Der Ultraschall ergab zunächst eine zwei cm große Geschwulst, aber Fr. Dr.Szasz sah mich sehr sorgenvoll an und machte für mich sofort einen Termin im Brustzentrum des Klinikums. Dort wurde eine Mammografie durchgeführt, eine Ärztin untersuchte und befragte mich.

Ich war mir so sicher, daß es gutartig ist, weil ich 20 und 22 Jahre zuvor schon bei beiden Brüsten Microkalk und Fettzysten hatte, die, wie sich nach den OPs herausstellte,  immer gutartig waren. 

Daher bin ich total aus den Wolken gefallen, als mich eine Woche später die Chirurgin vom Klinikum anrief und mir die Hiobsbotschaft mitteilte. Ich war am Boden zerstört. Wie durch eine Wolke hörte ich nur hallend ihre Erklärungen dazu wie "sofort operieren" und "der Tumor ist mindestens 5 cm groß. Es folgte eine Stanzbiopsie, d.h. es wurde mit örtlicher Betäubung der Haut sieben mal an verschiedenen Stellen des Tumors eingestochen ( diese Prozedur fühlte sich an als würde jemand auf mich schießen, mir war schlecht vor Schmerz), um die Typisierung festzustellen, ob der Knoten hormonell bedingt ist oder ob er noch andere Merkmale aufweist, und, um die Wachstumsrate festzustellen. Meine Brust war blau von der Prozedur und eine Schwester brachte mich in die Empfangshalle, wo mein Mann auf mich wartete. Eine Woche später wurden MRTs von Brust, Leber und Lunge gemacht.

Die Wachstumsrate des Tumors lt Befund : 10-20%, der Tumor zu 90 Prozent hormonabhängig. Die Ärztin meinte, daß ich dann vielleicht keine Chemo brauche, was aber davon abhängt, ob die durchschnittliche Wachstumsrate unter 14% liegt. Dazu musste der Befund in die USA geschickt werden.

Die erste OP im März verlief wider Erwarten problemlos, ausser dass ich beim Erwachen aus der Vollnarkose Angstzustände und Luftnot hatte, was mir vom Anästhesisten als Panikattacke "diagnostiziert" wurde. Dass es  auch an meiner Schlaf-Apnoe liegen könne, darauf hätte er eigentlich auch kommen können, obwohl ich  damals selbst noch nicht wusste, daß ich eine schwere Schlaf-Apnoe habe mit  über 40 Aussetzern.

Der Befund der Pathologie  ergab leider , daß noch mal nachreserziert werden muss, da der Pathologe an den Rändern noch krankes Gewebe gesehen hatte, d.h. die Chirurgin war bei der OP nicht bis ins gesunde Gewebe gekommen.  Dies ist auch  sehr schwierig, da die Wunde bei der OP  stark blutet, somit können das die Chirurgen nicht mit blossem Auge erkennen. Ich fiel ein zweites Mal aus allen Wolken... -Albtraum...

Auf Anraten eines Freundes wandte ich mich mit meinen Unterlagen an den Krebsmedizinischen Dienst in Heidelberg. Ein Arzt sagte mir am Telefon, daß er mir bei diesem diffusen Befund raten würde,  gleich alles zu entfernen und dann eine Prothese einzusetzen oder eigenes Gewebe vom Bauch. Er meinte, bei diesem seltsamen Karzinom mit der krummen Form und mit vielen Proliferaten in der Brust hätte ich eigentlich keine andere  Wahl. Wie Recht er hatte....

Ich habe der Chirurgin vertraut oder ich wollte ihr glauben. Der Glaube stirbt zuletzt... Sie holte sich den Rat einer leitenden Oberärztin die schon länger mit derartigen Fällen Erfahrung hatte, beide beschlossen die Nachresektion, weil sie der Auffassung waren, es wäre jetzt die letzte OP. 

Aber weit gefehlt. Der Befund ergab wieder, daß sich  noch krankes Gewebe in der Brust befindet und nun sollte ein drittes Mal operiert werden. 😡😠😓Ich hatte im _Krankenhaus einen Wutanfall und Zusammenbruch, die Ärztinnen meinten nur es täte ihnen sehr leid, sie hätten nicht damit gerechnet. 

Ich musste mich beim hausinternen Unfallchirurgen Dr. Becker vorstellen,  - er ist auch Schönheits-Chirurg - , um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wie in Trance suchte ich mir eine Prothese aus. Eine OP mit eigenem Gewebe kam für mich nicht in Frage. Es hätte bedeutet, daß mir in mehreren OPs Fett vom Bauch entfernt werden muss, bis die Brust die gewünschte Größe hat, solche OPs dauern jedes Mal neun Stunden. Das wollte ich mir nicht antun, auch wenn dann die Brust möglicher Weise etwas besser aussieht. Ich trage ja einen BH- und gehe nicht nackt auf die Straße, und mein Mann hat dafür Verständnis. Gesundheit geht vor Schönheit und ich habe sowieso immer vor jeder OP Horror, da es mir dann so schlecht geht. Also, OP nur im Notfall.

Im Juli 2021 kam ich nun erneut ins Klinikum. Der Professor unterhielt sich mit mir und meinte, daß mein Karzinom eine seltene Form hat, mit mehreren Ausläufern, daher hatte man das Ausmass erst spät erkannt. An einer Stelle ist der  Durchmesser  8 cm, an einer anderen fünf cm,  an einer  Stelle in der Mitte tatsächlich nur zwei Zentimeter. Sehr gruselig. Ich erlaubte ihm weitere Forschungen mit meinem "Material".

Nach der zweiten OP hatte ich wochenlang Wundheilungsstörungen, es bildeten sich Entzündungen und Pilze. Der Schönheitschirurg bereitete mich noch morgens vor der dritten OP darauf vor, daß er womöglich das gesamte Gewebe entfernen müsse, die Brust erst mal "platt machen" und dann einige Monate später wieder aufbauen, mit meiner Prothese und Haut von einer anderen Stelle meines Körpers, z.B. vom Bein. Ich brach total in Tränen aus und war ausser mir. Der Chefarzt, den ich darauf verlangte, versprach mir, alles zu tun, damit mir das erspart bleibt. Er würde bei der OP dabei sein.

Als ich nach der fünfstündigen OP aufwachte, hatte ich einen Kasten am Bein hängen. Man teilte mir mit, daß die Brusthaut erhalten werden konnte, man habe das schlechte Hautstück weggeschnitten und der Rest bekommt nun in einer vierten OP das Implantat eingesetzt, leider müssen sie dann aber ein kleineres nehmen. Alles hing davon ab, ob und wie schnell sich meine Haut erholt, heilt oder ob man die restliche Haut nicht doch noch entfernen muss. Dieser "Kasten" sollte das Blut an der Stelle reinigen. Die Ärzte hatten mir vorübergehend einen Expander eingesetzt, der einige Tage bis zu nächsten OP Platzhalter für die Orthese ist. Gott sei Dank erholte sich die Haut und nach ca. einer Woche konnte der Kasten entfernt werden.

Die vierte OP dauerte wieder fünf Stunden. Ich musste eine weitere Woche im Klinikum bleiben,  weil die Drainage nicht in Ordnung war, das Blut aus der Wunde lief schlecht ab. Dr. Becker gab die Schuld den Krankenschwestern, sie hätten nicht richtig aufgepasst. Dr. Becker hat jeden Tag die Drainagge kontrolliert, nur an einem Tag nicht, aus Zeitgründen wegen Not- OPs. Dadurch kam an diesem Tag eine Menge Blut was sich gesammelt hatte aus der Wunde, weil es erst nicht abgelaufen war. Ständig mussten diese Drainagen erneuert werden, weil  sie nicht richtig funktionierten. Ich war sauer... Man hatte mir versprochen, daß ich vier Tage nach der letzten OP nach Hause dürfe. Durch dieses Schlamassel mit den Drainagen wurde ich erst nach 8 Tagen entlassen und konnte nicht zum KAMANKO- Konzert gehen, worauf ich mich sehr gefreut hatte. Eine der Krankenschwestern war immer so gut drauf.  Sie wollte mich trösten. Auf Spotify sind alle songs von Kamanko und sie pickte mir einen heraus, brachte das Handy in den Flur und stellte ganz laut. Alle kamen aus ihren "Löchern" und soweit möglich tanzten sie auf dem Flur. Das war so cool... Zufällig war wohl die Luft rein, weil keiner der Ärzte in dem Moment auf Station war. Krass... 

Ich hatte immer sehr nette Bettnachbarinnen im Zweibett-Zimmer. Bei der Einlieferung zur dritten OP lernte ich eine besonders liebe Frau kennen. Sie erzählte mir von ihrem Leben, ihrem diffusen Befund eines Unterleibskarzinoms, was sich an Darm, Eierstöcken und einer Vene angesiedelt hatte und dadurch nahezu inoperabel war. Die behandelnde Ärztin wollte sich sachkundig machen, ob und wie man sie doch operieren kann, ohne daß sie verblutet. Ihre Geschwulst hatte eine Wachstumsrate von unter vier Prozent, und man prognostizierte ihr  daher noch 10 Jahre, wenn sie sich nicht operieren ließe. Wie Unrecht die Ärzte damit hatten, stellte sich dieses Jahr heraus...  Ihr Freund hatte sie verlassen, weil er nicht damit klar kam. Ihr Schicksal berührte mich sehr. An einem Tag erzählte sie mir ihr gesamtes Leben. Darüber vergaß ich mein Schicksal, weil ich dache, dass es mir doch so viel besser geht. Denn inzwischen war der Befund aus Amerika gekommen. Ich brauchte keine Chemo, nur Bestrahlungen. Das erste Mal fiel mir ein Stein vom Herzen.

Die Bestrahlungen waren täglich von August bis Mitte September.Insgesamt 25. Die drei letzten waren so schmerzhaft, weil die Haut an manchen Stellen verbrannt war. Aber da musste ich durch.

Im Oktober 2021 kam ich für drei Wochen in die REHA. Seitdem werde ich regelmäßig von Ärzten "überwacht". Die Brust sieht zwar nicht schön aus, ziemlich zusammengeflickt. Dr. Becker ist als SchönheitsChirurg ein Ästhet und bot mir an, die Brust noch extra mit Eigenmaterial aus dem Bauch zu verschönern, aber ich lehnte ab. Die vier OPs mit den langen Vollnarkosen sind nicht spurlos an mir vorübergegangen. Ich bin oft müde, nicht mehr so leistungsfähig. Das nennt man Fatigue. Daher wollte ich mir das nicht antun. Die nächsten Jahre bitte nach Möglichkeit keine OP. !!!  Ich hatte im letzten Jahr noch eine Darmspiegelung, aber nur mit Kurznarkose. Gott sei Dank auch ohne Befund. Meine Knie hätten es zwar nötig, aber die müssen jetzt ein paar Jahre warten. Mit Reha-Sport kann ich den Prozess aufhalten. Und...  meine Mutter sagte immer : es ist nicht alles so schlecht, dass es nicht für etwas gut ist... Ich bekomme Lymphdrainage zweimal die Woche. Und Krankengymnastik. Von Delaine, einer der besten Physiotherapeutinnen.... was für ein Glück.

Und obwohl ich soviel durchgemacht habe... es gibt noch viel schlimmeres. Meine Bettnachbarin, die ich so ins Herz geschlossen habe, ist letztes Jahr im Oktober mit 35 Jahren verstorben. Es war eine bewegende Beerdigung mit vielen Trauergästen. Ich habe sehr viel geweint. 

So eine wunderbare Frau. 

R I P Violetta...

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